Deutsche Frauen-Mannschaftsmeisterschaften der Landesverbände 2017

Alle Jahr wieder geht es im Sommer hinter die sieben Berge ins hessische Braunfels. Zum süddeutschen Feiertag Fronleichnam nehmen sich die Hamburger und norddeutschen Spielerinnen zwei Tage Urlaub, um beim größten Frauen- und Mädchenschachturnier Deutschlands mitzuspielen.

Nach dem etwas unglücklichen Abschneiden 2016 (10. von 11.) war das Minimalziel in diesem Jahr mindestens einen Platz über dem Setzplatz zu landen (und kein Freilos zu erwischen, das 2016 den Umsatz der hiesigen Hotelbar in die Höhe trieb). Gerüchten zufolge stellten wir die stärkste Hamburger Mannschaft der letzten Jahre, aber anscheinend wollten auch die anderen Bundesländer oben anklopfen: Württemberg kam gleich mit zwei IM’s und einer WGM – und war damit an 1 gesetzt. Die Aufstellungen standen schon vor Abreise auf chess24, dieses Jahr gab es zum ersten Mal eine live Übertragung.

Wir spielten mit der frischgebackenen deutschen Meister U18w, WFM Tea (HSK) an Brett 1, gefolgt von Carina (SK Wilhelmsburg) und WFM Jade (HSK). WFM Steffi (HSK) an Brett 4, Valeriya (Blankenese) an 5 und Karina (SF Sasel) an 6. Ramona (SC Diogenes) spielte an Brett 7 und Teamchefin Nina (HSK) an 8. Maskottchen... äh Coach Jonny war natürlich auch wieder mit von der Partie (und sorgte nicht nur auf den Brettern für gute Laune):


Unsere Freunde aus Schleswig-Holstein, mit denen wir gerade noch die gemeinsame offene Frauen-Landeseinzelmeisterschaft gespielt hatten, haben in diesem Jahr auch wieder eine eigene Mannschaft gestellt und so waren insgesamt zwei norddeutsche Verbände vertreten.

Die Anreise erfolgt wie üblich per Bahn, mit Verlustmeldung bei der DB (die Nummer hatte die Teamchefin wohlweislich noch gespeichert). Da Braunfels keinen öffentlichen Nahverkehr im klassischen Sinne hat, organisierte der Ausrichter den Fahrservice vom Bahnhof zum Schlosshotel (standesgemäße Unterbringung für Team Hamburg). Immerhin hat Braunfels einen eigenen Bahnhof, was ja nicht in jeder Schachhochburg Deutschlands (zB. Gladenbach) der Fall ist.

In der ersten Runde spielten wir gegen die relativ weit unten gesetzten Spielerinnen aus dem Saarland, denen auch leider der leckere Honig von Helene nicht helfen konnte: wir gewannen mit 6.5-1.5 und waren zumindest für eine Nacht Spitzenreiterinnen. Vielleicht lag es aber auch an der 2017 erstmalig eingeführten Mannschaftskleidung: das Saarland musste quasi gegen eine schwarze Wand spielen.

Am Freitag stand die Doppelrunde auf dem Programm, und wir begannen morgens gegen Württemberg. Die „übermächtigen“ Württemberger wurden sie genannt, und wir unterlagen sehr deutlich mit 7-1 – zwei Remise reichten dann leider nicht aus, um den Hauch einer Chance zu haben. Zwischen der Doppelrunde stand der berühmte „Fototermin“ der Mannschaftsfotos auf dem Programm.


Am Nachmittag ging es zum Nordduell gegen Schleswig-Holstein, die sich am Vormittag aufgrund ihres Freiloses erholten konnten. Wir waren aber an allen Brettern zahlenmäßig so überlegen, dass es sich am Ende auch im Ergebnis zeigte: 7-1! Die Nummer eins im Norden sind wir. :-) Und damit spielten wir wieder oben mit. Die „Mission Medaille“ lief weiter, und im Gegensatz zum letzten Jahr fand man Team Hamburg in diesem Jahr nicht (täglich) in der Hotelbar, aber im Spielzimmer zur Vorbereitung auf das Spiel um Platz 2 gegen Hessen 2 am Samstag morgen. Zuvor wurde allerdings der lokale Kroate getestet und für gut befunden (ein Novum in Braunfels) – der befindet sich in den Gemäuern unter dem Mannschaftshotel, was bis dato wohl keinem so recht aufgefallen wahr. Das Gute ist manchmal so nah!

Dann kam der Samstag. Wir waren bissig, und wir hatten den Mannschaftssieg auf den Brettern. Aber manchmal gibt es so Tage, da geht alles schief. Da übersieht man Figureneinsteller, Matt, Gewinnzüge, usw usw. Dieser Samstag war so ein Tag. Es war eine sauenge Kiste, aber hätte hätte Fahrradkette. (Die von Sabine (Team Schleswig-Holstein hat übrigens den ganzen Weg von Lübeck bis Braunfels gehalten – großen Respekt noch mal an dieser Stelle!). Wir konnten verlorene Stellungen nicht mehr drehen, die Gegner schon, und am Ende stand es mit 3 zu 2 Siegen und 3 Remis 4.5 zu 3.5 für Hessen 2. Wir rutschen wieder in das Mittelfeld der Tabelle und hatten alle Hoffnungen auf eine Medaille schon fast verloren. Nur noch rechnerisch und mit Gottes Hilfe (dies mag ein kleiner Insider sein ;-) ) konnten wir Rang 3 erreichen. Württemberg war auf 1 mittlerweile völlig überraschend (sicr) uneinholbar.

Am Samstag abend gab es das traditionelle Buffet (dieses Jahr immerhin mit veganem Essen!) und im Anschluss ein Blitzturnier. Valeriya wurde beste Hamburgerin, bekam dafür allerdings leider keinen Pokal. ;-)

In der letzten und 5. Runde ging es am Sonntag gegen Nordrhein-Westfalen. Und wir kämpften. Wir wollten den Sieg. Wir wollten einen guten Turnierabschluss und eine Belohnung für unsere Leistung. Zwischenzeitlich war an den Brettern alles drin von 3-5 zu 5-3. Patzer an Brett 5, 7 und 8, Siege an 1, 2 und 6, und so stand es 3-3. Dann besiegte Steffi ihre Gegnerin, und plötzlich führten wir mit 4-3! Jade spielte in einem Endspiel mit Minus-Bauern, und wir hofften und drückten die Daumen. Jade knetete und knetete bis die Gegnerin Remis anbot – bam! Sieg gegen NRW, damit insgesamt 6-4 Mannschaftspunkte. Das Minimalziel war erreicht, und nun begann das Rechnen. Wir konnten noch 3. werden! Was wäre das für eine Sensation. Wir rechneten... und stellten fest, dass als Zweitwertung nicht wie üblich die Brettpunkte zählen, sondern die Buchholz. Und so wurde Hessen 2 Dritter, mit 8 BP durch das Freilos in der 1. Runde und 8 Buchholzpunkten Vorsprung vor Hamburg. Team Hamburg wird 4. – Minimalziel erreicht, Pokal knapp verfehlt. Geht man nach der Liveübertragung auf der chess24-Seite sind wir doch 3. Mit Vorsprung durch Brettpunkte. Aber man soll ja nicht immer alles glauben, was im Internet steht.

Fazit: es haben immer alle gekämpft, bis zum letzten Bauern, und teilweise gewann der letztmögliche Fopp und das Glück war auf unserer Seite. Auch wenn man einen Kampf verliert, so lohnt es sich doch immer nicht aufzugeben, das beweist die hohe Moral von Team Hamburg. An dieser Stelle zuerst einmal ein großes Dankeschön an Coach Jonny für die top Vorbereitung und die gute Stimmung! Danke auch ans Team – ihr seid großartig, TEAM HAMBURG! (Übt den Schlachtruf schon mal für 2018, wenn es wieder heißt: „Mission Medaille“.)


Nina Höfner


Alle Informationen: http://www.schachbund.de/dfmmlv2017.html

Alle Ergebnisse und Partien: https://chess24.com/de/embed-tournament/german-womens-state-team-championship-2017/1/1/1